Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass Webseiten, Anwendungen und Betriebssysteme keine Hindernisse bei der Bedienung für Menschen mit Beeinträchtigungen haben. Um mehr darüber zu erfahren haben wir den Verantwortlichen für digitale Barrierefreiheit für das Wissensmanagementtool SBC Tobias Böhm zu einem Interview gebeten.
1. Unsere Welt wird immer digitaler. Wir alle nutzen Technik immer mehr im Alltag und bei der Arbeit. Was bedeutet digitale Barrierefreiheit für dich?
Das jede Person, egal mit welcher Einschränkung sie lebt, die komplette Webseite oder Anwendung bedienen als auch wahrnehmen kann. Also das ist auf jeden Fall, was im Zentrum der digitalen Barrierefreiheit steht. Das wir ein Portal schaffen, das seine Informationen und Funktionen mit jeder Person teilen kann.
2. Warum ist digitale Barrierefreiheit so wichtig?
Also generell lässt sich sagen, es gibt zwei Faktoren, die hier mitspielen. Das ist auf der einen Seite der rechtliche Rahmen mit seinen Vorschriften und der persönliche Rahmen, welche Vorteile es generell hat ein barrierefreies Angebot anzubieten. Beim rechtlichen Rahmen sind wir einfach in der Situation, wo schon heute eben für viele Behörden und öffentliche Einrichtungen – Versicherungen z.B – quasi eine Pflicht zur Barrierefreiheit besteht. Also nach den WCAG-Richtlinien entsprechendes barrierefreies Angebot zu bieten. Also zum einen eine gesetzliche Verpflichtung, die in Zukunft noch stärker wird, weil vorgesehen ist, dass auch größere Unternehmen eventuell in die Richtung betrieben werden, dass sie barrierefreie Inhalte anzubieten haben. Aber das Thema Barrierefreiheit ist auch generell etwas, was uns attraktiv macht und uns nicht nur gesetzliche Regeln auferlegt. Natürlich könnte man in das Denkmuster reinverfallen, jetzt mache ich eine barrierefreie Seite, das kommt mit sehr vielen Auflagen für mich als Websitebetreiber. Das stimmt auf der einen Seite auch, die Grundpfeiler einer barrierefreien Seite bedeuten, dass die Bedienung logisch und simple sein muss. Das alle Inhalte gut zu lesen sind die Kontraste gut sind, die Schriftgrade groß genug sind und dass die Code Qualität so groß ist das quasi die Website funktioniert und gewährleistet ist und dass dort keine Probleme mit dem Quellcode sind. Das heißt, allein dadurch das wir Barrierefreiheit erfüllen, wenn auch nur für ein kleinen Bruchteil der Nutzer die man so auf den ersten Blick im Kopf hätte, steigert das gleichzeitig die Usability und die Nutzungserfahrung für jeden Nutzer. Weil alle von der Qualität langfristig profitieren, von der einfachen Bedienung, der Lesbarkeit, der Logik….Von daher ist das einfach ein Angebot, was uns generell attraktiver macht.
3. Wo haben Personen mit Einschränkungen Probleme bei der Nutzung von digitalen Plattformen?
Ein sehr simples Beispiel für solche Herausforderungen ergibt sich bei Personen mit Fehlsichtigkeit, wenn der Betreiber eines Webangebots nicht auf ausreichend starke Kontraste geachtet hat. Der Text wird dann sehr schnell schlecht oder ganz und gar nicht mehr lesbar.
Die größte Herausforderung ist wohl aber die Bedienung einer Website mittels Screenreader und Tastatur. Grundlegende visuelle Zusammenhänge, aus denen man sich Aufbau und Funktion eines Webangebots herleiten könnte, fehlen in diesem Fall. Wenn Bereiche nicht korrekt ausgezeichnet oder dynamische Inhalte nicht miteinander verknüpft und per Tasturbefehlen steuerbar sind, wird die Bedienung schnell unmöglich.
4. Geht es bei digitaler Barrierefreiheit immer nur um Menschen mit Behinderungen oder kann es für alle nützlich sein?
Eine Seite, die den Anforderungen an die digitale Barrierefreiheit gerecht wird, muss, um an diesen Punkt zu gelangen zunächst einen längeren Konzeptions- und Testprozess durchlaufen. Hierdurch wird gewährleistet, dass das Bedienkonzept simpel und logisch und die Website frei von Fehlern, die der Nutzung im Weg stehen könnten, ist. Diese Aspekte sind gleichzeitig auch grundlegende Qualitätsmerkmale für gute Usability. Daher lässt sich über Barrierefreiheit auch direkt die Nutzerzufriedenheit steigern. Beim Thema Barrierefreiheit denken wir zudem sehr schnell an stark ausgeprägte Einschränkungen, dabei zählt die simple Sehschwäche zu den großen Volkskrankheiten schlechthin. Barrierefreie Inhalte garantieren gute Kontraste mit leicht lesbaren Schriftgrößen und schonen damit die Augen.
5. Welches Potenzial bietet das SBC mit seiner barrierefreien Endkundenansicht?
Mit dem SBC bieten wir bereits heute eine barrierefreie Wissensmanagementlösung an, die sich leicht administrieren lässt. Kunden können darüber ihren Nutzern einfach auffindbar Inhalte zur Verfügung stellen und gezielt nach Lösungen zu Problemen suchen.
6. Wo geht die Reise deiner Meinung nach hin? Wie werden die nächsten Jahre aussehen hinsichtlich digitaler Barrierefreiheit?
Auch abseits von geplanten Gesetzesänderungen, die die Verbreitung von Barrierefreien Inhalten beschleunigen werden, wird die Barrierefreiheit ganz natürlich Einzug in unserem digitalen Alltag halten. Einfach bedienbare Angebote steigern die Akzeptanz und Nutzerzufriedenheit und sind daher im generellen Interesse der Industrie. Neue Technologien werden die Art und Weise wie wir mit Webseiten interagieren können, revolutionieren. Unsere Arbeit als barrierefreie Entwickler wird sich daran anpassen.
Die Reise vom SBC ist bei weitem noch nicht an ihrem Ende angelangt. Wir planen und arbeiten bereits an den nächsten großen Funktionen, und freuen uns diese unseren Kunden präsentieren zu dürfen.
7. Hast du Tipps zum Einstieg in die digitale Barrierefreiheit?
Barrierefreie Entwicklung ist ein Prozess. Zwar muss es Zwecks der Zertifizierbarkeit grundlegende Kriterien geben die über „Barrierefrei oder nicht“ entscheiden, doch ist Barrierefreiheit mehr als nur ein fester Status. Durch die Arbeit an barrierefreien Komponenten lernen wir stetig dazu, und lassen diese Erfahrung wiederum in andere Komponenten einfließen. Ein guter Startpunkt ist es, sich direkte Beispiele aus der großen Bibliothek des WCAG-Standards heranzuziehen. So gut wie jeder grundlegende Webseitenbaustein wurde hier bereits umgesetzt und mit den zugehörigen Metainformationen und Tastatureingaben dokumentiert. Graphische Entwicklungsbibliotheken bringen bereits viele fertige Komponenten mit sich und können einiges an Arbeit abnehmen; geben aber auch ein strikteres Gerüst vor das schnell in Konflikt mit gewünschten Anpassungen geraten kann. In jedem Fall muss auch hier auf die korrekte Datenübergabe, logische sowie fehlerfreie Struktur und gute Lesbarkeit geachtet werden. Eine grobe Ersteinschätzung über die Fortschritte in der Barrierefreiheit lässt sich abschließend über kostenlos verfügbare Entwicklungswerkzeuge für alle gängigen Browser erhalten.